Für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen
Der St. Galler Kantonsrat trifft viele Entscheidungen, die Menschen mit Behinderungen betreffen, aktuell ohne dass eine einzige Person mit sichtbarer Behinderung vertreten ist. Das will ich ändern. Ich lebe mit einer Muskelerkrankung und bin darum Rollstuhlfahrerin. Ich weiss, von was ich spreche. Gerne bringe ich nächstes Jahr meine Lebenserfahrung als Mensch mit Behinderungen ein, wenn es um die die Beratung zum «Nachtrag zum Gesetz über die soziale Sicherung und Integration von Menschen mit Behinderung (Subjektfinanzierung)» geht.1
Rede auf dem Bundesplatz am 10. Mai 2023 (Foto: Pro Infirmis)
Auch auf eidgenössischer Ebene gibt es Handlungsbedarf: Vor rund 10 Jahren hat die Schweiz die UNO-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet. Seit über 20 Jahren gibt es das Behindertengleichstellungsgesetz. Die Schweiz ist auf dem Weg aber noch lange nicht am Ziel. Menschen mit Behinderungen ist in der Schweiz nach wie vor in vielen Bereichen kein selbstbestimmtes Leben möglich, wie es für Menschen ohne Behinderungen selbstverständlich ist. Erwachsene wohnen in Institutionen, in welchen sie zu einer vordefinierten Zeit zu Bett gehen müssen. Menschen mit Behinderungen, welche nicht in einer Institution leben, haben die Möglichkeit persönliche Assistent*innen einzustellen. Nur so ist ein selbstbestimmtes Leben möglich. Doch der Stundenansatz von CHF 34.30 mit dem alle Kosten gedeckt werden müssen, reicht nicht aus, um die Mitarbeitenden ausreichend zu versichern und eine existenzsichernde Altersvorsorge aufzubauen. Dies erschwert Menschen mit Behinderungen die Suche nach persönlichen Assistent*innen enorm. Kein Wunder also, dass dies weniger als 10% der Personen nutzen, welche die formalen Anforderungen der IV erfüllen.
Dies ist für ein reiches Land wie die Schweiz unwürdig. Mit der eidgenössischen Volksinitiative «Für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Inklusions-Initiative)» werden einige dieser heute mangelhaften Punkte angegangen. Ich freue mich riesig aufgrund des Engagements der Schweizerischen Muskelgesellschaft Teil des Initiativ-Komitees zu sein!
Es braucht die Erfahrung aus der Lebenswelt von Menschen mit Behinderungen in der Politik. Nur so kann die Schweiz einhalten, wozu sie sich mit der UNO-Behindertenrechtskonvention verpflichtet hat und «nichts über uns ohne uns» bestimmt wird. Ich bringe diese Erfahrung mit, denn ich lebe mit einer Muskelerkrankung und bin Arbeitgeberin persönlicher Assistenz mit acht Mitarbeiterinnen.